Modediagnose Burnout? – Was dran ist am Mythos und wie Unternehmen und Arbeitnehmende damit umgehen können

Julia 💼 B2B Unternehmenswerkstatt Leave a Comment

20% der mit Burnout diagnostizierten Frauen kündigten 2021 nach ihrer Erkrankung ihr Arbeitsverhältnis. Im Jahr 2020 wurden 3,6 Arbeitsunfälligkeitsfälle aufgrund des Burnout-Syndroms auf 1.000 weibliche Beschäftigte gezählt. In den USA weisen 20% der Beschäftigten das Burnout-Syndrom auf, einige asiatische Länder zählen sogar bis zu 28%. In Deutschland leiden 15% der Beschäftigten einmal in ihrem Leben unter dem Krankheitsbild. 

First of all: Burnout ist keine Modediagnose, sondern eine ernstzunehmende Störung mit gefährlichen Folgen. Doch auch im Jahr 2022 wird das Burnout-Syndrom, das häufig unter der ICD Ziffer Z73 geführt wird, noch von massenweisen Halbwahrheiten und Missverständnissen überschattet. Teilweise wird es als Synonym zur Depression verwendet, in anderen Fällen wird die Diagnose belächelt und ihr der relevante Forschungshintergrund abgesprochen. „Modediagnose“, „Faulheitssyndrom“, „Du hast Doch einfach keine Lust zu arbeiten!“ – das müssen Betroffene sich heute leider noch immer anhören.

Fest steht: Dem Begriff Burnout fehlt es oft an Klarheit und das liegt vor allem am Forschungsdefizit aus medizinisch-psychiatrischer Richtung. Laut aktuellem Forschungsstand wird Burnout im Gegensatz zur Depression per se nicht als medizinische Diagnose eingeordnet, sondern als Leistungs- und Motivationsstörung beschrieben. Diese Erkrankung hängt untrennbar mit der Situation am Arbeitsplatz zusammen. Die drei Kriterien emotionale Erschöpfung, Abneigung und Widerwille gegenüber der eigenen Arbeit sowie gegenüber dem Arbeitgeber, und zuletzt die dadurch entstehende Ineffizienz, d.h. dass trotz einer Erhöhung des Workloads weniger Leistung erbracht wird, kennzeichnen das Burnout-Syndrom.

Doch mit der Diagnose enden die Konsequenzen für Betroffene nicht. Die gesundheitlichen Folgen, die ein Burnout nach sich zieht, sind gefährlich: Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, wird verdoppelt bis verdreifacht. Das Herzinfarktrisiko steigt um das Zweifache. Chronische Krankheiten treten signifikant häufiger auf. Und sogar die Lebenserwartung der Betroffenen verringert sich aufgrund der genannten Folgen. An Spaß und Motivation bei der Arbeit kann gar nicht mehr gedacht werden. Betroffene fühlen sich ausgebrannt, niedergeschlagen und erschöpft. Und auch Unternehmen spüren die Auswirkungen von Burnout deutlich: Das in der heutigen Arbeitswelt als Massenleiden betitelte Burnout-Syndrom führt zu enormen Schäden in der Volkswirtschaft. Unproduktivität, Krankheitsbehandlungen und sogar Produktionsausfälle verursachen in Deutschland jährlich einen volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe – als Folge des Burnout-Syndroms.

All das beweist: Nicht nur Arbeitnehmende selbst müssen auf ihre Gesundheit achten und leiden stark unter den Folgen von psychischen Erkrankungen, sondern insbesondere auch Arbeitgeber sollten sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden sorgen. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Prävention können Unternehmen Burnout-Fälle wirksam verhindern. Die wichtigsten unternehmerischen Maßnahmen im Überblick: 

  1. Vermeide negativen Stress! Beispiele hierfür sind Multitasking und ständige Alarmbereitschaft. 

Stattdessen: Versuche, die zu bewältigenden Aufgaben motivierend und realistisch zu formulieren. Auch das kann selbstverständlich Stress auslösen, allerdings ist durch konkrete und zu bewältigende Herausforderungen ausgelöster Stress positiver Stress, der anreizt statt auszubrennen. 

  1. Achte auf eine angemessene Arbeitsmenge! 

Arbeitspakete müssen so gestaltet werden, dass sie Attraktivität ausstrahlen und keine unerreichbaren Ziele vorgeben. Wieviel Arbeit passt wirklich in einen Arbeitstag? 

  1. Gewährleiste ausreichend Erholung! Das gilt innerhalb der Arbeitszeit, betrifft aber auch die Freizeit abseits der Arbeit.

Genügend Gestaltungsspielräume für jede*n Einzelne*n ermöglichen eine selbstbestimmte Art und Weise der eigenen Arbeit. So sollten auch Erholungszeiten individuell und ausreichend eingeplant werden können.

  1. Finanzielle und ehrliche soziale Anerkennung motivieren und können das empfundene Stresslevel senken. 

Budget-Runde hin oder her. Eine angemessene Bezahlung wird für eine konstante Leistungsfähigkeit vorausgesetzt. „Loben tut nicht weh“ und geht im Alltag doch viel zu oft unter. Dabei ist es wichtig, die anerkennenden Worte ernst zu meinen und auf die tatsächliche Arbeit des Gegenübers zu beziehen. Achtung: Ein Lob für eine sehr einfache Aufgabe kann zu gegenteiliger Wirkung führen! Manchmal ist ein herzliches „Dankeschön“ wirksamer. 

  1. Eine gesunde Unternehmenskultur mit gutem Arbeitsklima beugt Stressempfindungen vor und gibt Sicherheit! Dabei dürfen die Unternehmenswerte, genau wie Mission, Vision, Strategie und Ziele, nicht außer Acht gelassen werden.

Leider wird die Unternehmenskultur auch heute noch viel zu oft missverstanden und vor allem unterschätzt. Eine gesunde, wertschätzende und achtsame Unternehmenskultur führt unweigerlich zu höherer Produktivität. Dazu muss das Konzept jedoch ganzheitlich verstanden werden und einheitlich gelebt werden. Strategie und Ziele, Mission und Vision, Werte und Kultur hängen eng zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Trotzdem gilt die Aufmerksamkeit der meisten Unternehmen oft ihren Zielen und der dorfhinführenden Strategie. Die Werte, Mission, Vision und Unternehmenskultur werden dabei leicht zurückgestellt. Dabei liegt das A und O für unser Wohlbefinden und unsere Motivation in einem guten Arbeitsklima, was sich ohne die Berücksichtigung und ständige Überprüfung und Anpassung aller Komponenten schwer herstellen lässt. 

Quintessenz: 

Das Burnout-Syndrom ist keinesfalls eine „Modediagnose“, sondern vielmehr ein unternehmerisches Risiko und – ganz nebenbei – eine ernstzunehmende und belastende Erkrankung. Unternehmen wie Mitarbeitende können sich gleichermaßen mit Präventionsmaßnahmen beschäftigen und sich und ihre Kolleg*innen schützen. 

Hast Du das Gefühl, handeln zu müssen? Für Unternehmen und Privatpersonen bietet die Zukunftswerkstatt Kurse und Module an, die zur Burnout-Prävention geeignet sind. Schau Dich doch mal um! 

📝 Die Quellen zu diesem Beitrag findest Du hier:
Bauer, J. (2013). Arbeit: Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht. Karl Blessing Verlag.

Häuser, W., Schmutzer, G., Brähler, E., & Glaesmer, H. (2011). Misshandlungen in Kindheit und Jugend. Dtsch Arztebl108(17), 287-94.

Radtke, R. (2022). Haben Sie nach Ihrem Burnout bzw. Ihrer psychischen Erkrankung Ihren Job gekündigt? Statista nach YouGov, Nov. 2021. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1277090/umfrage/umfrage-zur-kuendigung-aufgrund-von-burnout-oder-psychischer-erkrankung/

Radtke, R. (2022) Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund des Burn-out-Syndroms nach Geschlecht bis 2020. Statista nach BKK, Nov. 2021. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/446032/umfrage/arbeitsunfaehigkeitsfaelle-aufgrund-des-burn-out-syndroms-nach-geschlecht/ 

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